Am 06.04. ging die Wanderung nun endlich los. Wir verabschiedeten uns von unser sehr netten Gastgeberin in Kyoto. Sie hatte uns abends zuvor ein traditionelles Pfannengericht serviert, weil sie meinte wir wären zu dünn für unsere großen Rucksäcke. Es war quasi ein Omelett mit Soya-Soße und sehr lecker. Wie gesagt: Sayonara, Arigatō und Allet… Um erstmal wieder in Tritt zu kommen, hatten wir uns eine entspannte erste Etappe von 16 km vorgenommen (kleiner Spoiler, es war ne Punktlandung).

Ein Wegweiser auf dem Tokai (bedeutet „Stadt“) Nature Trail.
An einigen Stellen befand sich auch nur das Wegzeichen des Trails.

In Japan ist es übrigens gar nicht so einfach via Google nen Schlafplatz zu finden, also wenn man nicht in nem Hotel pennen möchte. Auch sonst so üppige Wanderblogs mit Vorschlägen zum Übernachten findet man zum „Tokai Nature Trail“ nicht wirklich im Netz. Also ein richtiges Abenteuer, genau mein Ding. Das erste Abenteuer war allerdings Spiritus zum Kochen zu finden. Da kamen Erinnerungen an die Wanderung in Spanien hoch. Mittels Google-Übersetzer hatte ich damals ja mehrfach nach dem heiligen Geist gefragt. Hier in Japan haben wir uns aber etwas schlauer angestellt und in einer Art Apotheke nach „pure Alcohol“ gefragt. Was soll ich sagen, es hat geklappt. Die Fachverkäuferin war super froh uns helfen zu können und wir natürlich auch. Verbeugt, bezahlt und weiter.

Dann sind wir nördlich von Kyota schon ein gutes Stück in die Wildnis gewandert. Blöderweise schlängelt sich der Weg über die Berge und führt zurück nach Kyoto, nur etwas nördlicher. Ich will mich nicht beschweren, die Landschaft war toll und wir hatten perfektes Wanderwetter bei etwas über 20 Grad.

Eine Attraktion für Touristen, zwei Geishas mit Begleitung.

Allerdings hatten wir wegen der ganzen spirituellen Aufregung vergessen zu frühstücken. Gegen Mittag wurden wir fündig und setzten uns auf die sehr einladende Außenbestuhlung eines ähhm Waffelladens. Ich bestellte, na klar, zwei Waffeln mit Eis und Kaffee. Was soll ich sagen? Falls ihr jemals plant Waffeln mit Majoran und Koriander zu machen, lasst es bitte sein!

Es war sozusagen eine Synchronverschmähung.

Nach dem üppigen Frühstück kamen wir etwa 20 Minuten später an einem Fluss an und mussten über ne Brücke. Klingt erstmal nicht spektakulär aber wenn etwa 2000 Menschen die gleiche Idee haben, sieht die Sache schon anders aus.

Wahnsinn, was da los war.

Zum Glück konnten wir den Touristen nach einiger Zeit entkommen und waren bald wieder alleine unterwegs. Wie oben schon gespoilert fanden wir nach 16 km ein perfektes Nachtlager. Direkt an nem Fluss, genügend Holz für ein Lagerfeuer und sogar Sitzgelegenheiten. Der Tag fand einen tollen Ausklang.

Ich glaube er flirtete ein wenig mit der chinesischen Touristin.
Das geht doch besser.
So ist schön.
Nachti.

Für den heutigen 07.04. hatten wir leider kein konkretes Ziel. Der Trail lief in einem stattlichen Schlenker wieder durch Kyoto, diesmal aber in die östliche Seite. Während einer kleinen Pause fanden wir per Google Maps eine Art Park mit nem kleinen See. Das wurde zum vorläufigen Tagesziel erklärt. Vorläufig deswegen, weil es sich bei der Besichtigung als ein riesiger Golfplatz herausstellte. Also nix mit Zelten am See.

Nun dann eben weiter. Es ging weiter auf einer Landstraße und der Seitenstreifen wurde immer schmaler. Da wir uns in den Bergen befanden, gab es dementsprechend viele Kurven und richtige Haarnadelkurven. Ich habe auf meinen Wanderungen schon einige knifflige Situationen im Straßenverkehr erlebt aber hier war mir zum ersten Mal bewusst, dass es schief gehen wird, wenn der entgegenkommende Kraftfahrer nicht aufmerksam ist. Wir mussten ein paar Mal eins werden mit der Leitplanke oder der Felswand neben uns aber wir haben es dennoch unbeschadet überlebt. Auch hier muss ich mich wieder vor der japanischen Achtsamkeit verbeugen!

Von der Straße habe ich keine Fotos gemacht, das war mir zu riskant. Aber einen Tunnelausgang konnte ich einfangen. Zum Glück gab es dort eine alte Umgehungsstraße, sonst hätte es „Kopflampe und Ohren zuhalten“ geheißen.

Angekommen im östlichsten Ausläufer von Kyoto haben wir uns plötzlich einen Touristen aus New York „eingetreten“. Wir standen zusammen mit ihm an nem Zebrastreifen und er fing augenblicklich an zu quatschen. Zunächst dachte ich, es wäre ein Japaner aber nach etwa 8 Minuten kannte ich das halbe Leben des Amerikaners mit chinesischen Wurzeln. Er war auf dem Weg zu einem, wie er sagte, weltberühmten buddhistischen Tempel. Ralf und ich entschieden uns dem Ammi zum Tempel zu folgen. Natürlich lag der auf nem Berg. Wir tänzelten also mit unseren 20 kg Rucksäcken neben ihm her, um an der Spitze des Berges festzustellen, dass der Tempel Sonntags geschlossen ist. Schönen Dank… Also nix wie weg und weiter auf der Suche nach nem Schlafplatz. Wir wurden fündig neben einer Universität. Da war nen kleiner Teich mit etwas Wiese nebenan, das reicht doch. Jetzt noch ein paar Fotos des Tages:

Anstarren gilt hier als unhöflich, das weiß sogar der Hund.

Tag 3 beginnt amüsant: Nachdem wir unsere Rucksäcke gepackt und eine Katzenwäsche gemacht hatten, liefen wir zur 15 Meter entfernten Auffahrt der Uni. Dort war eine kleine Baustelle, die durch drei wirklich engagierte Menschen mit Warnwesten und Leuchtstäben abgesichert wurde. Ihre Aufgabe war es offensichtlich den Straßenverkehr zu regeln. Bisher kam allerdings erst ein kleiner Schulbus vorbei und ihre Arbeit war daher überschaubar. Ihre Freude, uns sicher durch die „Todesfalle“ zu lotsen, stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Voller Tatendrang wurde mit den Stäbchen gewedelt, wir konnten ohne lästige Wartezeit durch die ca. 5 Meter lange Schikane stolzieren. Natürlich blieben beiderseitige Verbeugungen nicht aus.

Nach zwei sonnigen Tagen war für heute nun Regen vorausgesagt und so kam es auch. Aber es war auszuhalten. Gestern Abend hatten wir nach Parks oder Campingplätzen gesucht und wurden auf einer kleinen Insel im südlichen Teil des riesigen Biwa-See’s fündig. Dazu später mehr, hier zunächst ein paar Impressionen des Tages:

Ein Angler-Suchbild.

Leider klagte Ralf schon seit einigen Tagen über Schmerzen in der Achillessehne. Damit muss man sehr vorsichtig sein, sonst ist die Wanderung schneller vorbei als gedacht. Wir beschlossen daher ein heutiges Teilstück mit der Bahn zurückzulegen. Das war auch nicht wirklich schlimm, es ging fast ausschließlich durch nicht so schönes und urbanes Gelände.

Mein heutiges Highlight war es einen Weißwangenstar vor die Linse zu bekommen. Gehört haben wir die schon öfter aber sie scheinen schüchterner zu sein als unsere Stare.

Es hat sich noch ein Pfeifenten-Pärchen ins Bild gedrängelt.
Was sonst noch? Klar Kirschblüten waren auch wieder dabei.

Der Weg zum Zeltplatz gestaltete sich auf den letzten Metern schwieriger als erwartet. Es stand ein riesiges Industriegebiet im Weg. Das hatte ich vorher so nicht gesehen auf Google. Uns trennten schlussendlich aber nur zwei Zäune vom Ziel. Die Alternative hätte einen 4 km Umweg bedeutet. Du verstehst hoffentlich, dass ich hier keine, nun sagen wir, Kavaliersdelikte dokumentiere. Daher beende ich den heutigen Tag mit einer beruhigenden Archivaufnahme von Ralf, vor zwei Tagen.

Wasser auffüllen.