Tag 9: von Laredo nach Treto (6,3 km = 167,4 km)

Am gestrigen Abend war bereits klar: heute stellen wir keine Rekorde auf. Die Wettervorhersage prophezeite einen sehr nassen Regentag (ohh sogar zwei Pleonasmen in einem Satz). Wir wollten nicht den ganzen Tag bei Rosa verbringen und planten daher für heute eine Megastrecke von 6 km nach Treto. Meine Kamera ließ ich gleich im Rucksack, da ich befürchtete andernfalls ein Fisheye-Objektiv zu bekommen.

Wie zu erwarten, ist der Tag relativ unspektakulär. Aber wir sind früh in unserer heutigen Unterkunft angekommen und können uns mal ein bisschen entspannen. Ach, bevor ich es vergesse: Ralfs Knie ging es morgens an der Küste von Pobena, dank einer in Bilbao erworbenen Bandage, schon viel besser. Er bedankt sich für die vielen Genesungswünsche!! Wer übrigens seinem Reisebericht folgen möchte, kann das bei Komoot machen:

https://www.komoot.de/user/818879558145?ref=amk

Dort gibt es ausführliche Angaben zur Wegstrecke, den Höhenmetern. Bilder und Texte sind natürlich auch dabei.

Zurück zu unserer heutigen Unterkunft. Sofort als wir ankamen waren wir begeistert vom Casa (Haus) Las Ruedas (Die Räder; gemeint sind hier sicherlich Wagenräder).

Nicht nur das Haus ist beeindruckend, sondern auch die Freundlichkeit der Mitarbeiter (es sind tatsächlich nur Männer, sonst hätte ich natürlich gegendert). An der Rezeption empfängt uns José. Ich unterhalte mich vorzüglich mit ihm in englischer und spanischer Sprache. Bei einsetzenden Sprachunkenntnissen nutzen wir sofort die Kraft von Gesten, um unsere jeweiligen Aussagen zu untermauern.

So zeigt José zum Beispiel, wie wir morgen das Hotel verlassen sollen. Treppe runter „Zeigefinger und Mittelfinger nach unten geneigt und im Wechsel bewegt“. Zimmerkarte auf den Tresen werfen „Er warf die Zimmerkarte auf den Tresen“. Das ist alles, mehr brauchen wir nicht machen „Er macht eine Bewegung zwischen klatschen und wischen mit den Händen. Erst ist die linke Hand unten, danach die rechte Hand“. Ich bedanke mich herzlich für die ausführlichen und verständlichen Erklärungen „Strecke ihm meine Fäuste mit aufgestellten Daumen entgegen“. Gracias mi Amigo.

Tag 10: von Treto nach Hoznayo (27,1 km = 194,5 km)

Hoznayo liegt auf halbem Weg von Treto nach Santander. Das habe ich heute während der ersten Pause herausgefunden und daher via Google Maps nach einer Übernachtungsmöglichkeit gesucht. Die letzten beiden Sätze enthalten eventuell mehr Informationen, als du ahnst. Klar geworden sein sollte, dass wir heute nach Hoznayo wandern und morgen in Santander ankommen wollen. Im Subtext schwingt aber mit, dass wir beim Loslaufen noch keinen Plan hatten, wo es uns heute hintreiben würde. Dieser Punkt macht den Urlaub für mich sehr außergewöhnlich.

Eine andere außergewöhnliche Situation hatte ich vor ein paar Tagen bereits erwähnt: Wir sind die einzigen Touristen auf dem Weg!! Gestern hatte uns José beim Abendessen gefragt, was wir hier eigentlich machen (zumindest habe ich ihn so verstanden). Ich antwortete mit „Camino de Santiago, de San Sebastián a Finisterre“. Er antwortete mit einem fragenden Blick, der uns sowohl Respekt zollen, als auch viel Glück mit auf den Weg geben sollte. Ja, klingt komisch aber anders kann ich seinen Gesichtsausdruck nicht beschreiben… Er fragte, ob wir keine Probleme mit der Polizei bekommen haben? Ich fragte „Por qué“ (Warum). Er nahm einen Stift und malte „600,-€“ auf die Papiertischdecke und begleitete die Zeichnung mit dem Wort „Policía“. Mhhh, der Sache sollte ich schleunigst mal nachgehen.

So, zurück zu einem eventuellen Problem. Meine Recherchen im Netz haben ergeben, dass touristische Reisen nach Spanien weiterhin erlaubt sind (auch wenn das Auswärtige Amt mittlerweile davon abrät, aber das ist vermutlich auf die Malle-Touris gemünzt). Für Einheimische ist das Reisen in Spanien ohne triftigen Grund jedoch nicht gestattet. Das betrifft insbesondere den Wechsel zwischen den autonomen Gemeinschaften im Land. Was bedeutet das nun aber für ausländische Rucksacktouristen (ja und Rucksacktouristinnen natürlich)? Ich weiß es nicht! Wir sind auf unserer Wanderung zumindest schon mehreren Polizeistreifen begegnet und wurden nicht überprüft. Also Maske auf und durch…

Apropos „Camino“, ich dachte das bezieht sich auf den Weg nach Santiago de Compostella, weit gefehlt. Es bedeutet wirklich „nur“ guten Weg, wenn uns jemand „buen camino“ entgegengrinst. Wobei ich schon denke, dass man Menschen mit nem fetten Rucksack nicht nur einen guten Weg wünscht, sondern eben einen GUTEN WEG.