Tag 45: von Negreira nach Lamelas (22,5 km = 865,1 km)

Der Tag fängt bescheiden an. Unsere Hotelwahl war zum ersten Mal ein Griff ins Klo, in diesem Fall sogar in ein ungeputztes. Auf dem Zimmer gab es keinen WLAN-Empfang, das ist ein Luxusproblem, ich finde es aber frech, damit zu werben. Die Bude war kalt und meine Matratze fühlte sich an wie eine Hängematte. Um den gestrigen Bericht zu schreiben, hatten wir uns ins hoteleigene Restaurant gesetzt. Dort konnte ich mit Ralfs Mini-Notebook aufs WLAN zugreifen. Es war 17 Uhr und wir hatten Hunger. Als Mitteleuropäer fühlt man sich dann in einem Restaurant eigentlich gut aufgehoben. Leider ist das in Spanien anders.

Die befremdlichen Essenszeiten in Spanien sind uns schon oft aufgefallen. Trotzdem wir schon 6 Wochen hier sind, kann ich aber keine solide Aussage dazu machen. Fakt ist, in Spanien wird spät zu Abend gegessen. Damit meine ich etwa zwischen 20 und 22 Uhr. Viele Restaurants haben zwischen 16 und 20 Uhr geschlossen. Manche bieten in dieser Zeit „nur“ ein Tagesmenü (Menú del día) an. Das klingt alles nachvollziehbar und deckt sich mit meinen spärlichen Kenntnissen über die spanische Siesta. Zwei Fakten verwundern mich jedoch. Erstens kannte kein Spanier, mit dem ich darüber sprach, das Wort Siesta. Zweitens bestehen die besagten Tagesmenüs aus drei Gängen, wobei man oft bis zu 8 Auswahlmöglichkeiten pro Gang hat. Also nix mit „der Koch hat Pause“ – nein – die Küche bietet 24 verschiedene Speisen an.

Zurück zum gestrigen Hotel: 17 Uhr, wir hatten Hunger. Leider war die HOTEL-Küche geschlossen. 4 Bier sind auch ein Schnitzel, aber schön ist anders. Eigentlich wollten wir zum Feierabend noch etwas Rock FM (ein lokaler Radiosender) hören, daraus wurde leider auch nichts, denn der Fernseher ging nicht. Tolles Hotel!! Es heißt übrigens Millan, wenn Du mal in der Nähe bist, lass bloß die Finger davon.

Genug geärgert, wir machen uns auf den Weg. Nein, „Frühstück“ gab es ja auch noch: Das bestand aus einem (na ja) Kaffee und EINER Scheibe Toastbrot. Diese konnte ich wahlweise trocken essen, mit Butter oder sogar mit Butter und Marmelade verfeinert genießen. Wir machen uns auf den Weg zu einem nahegelegenen Supermercado, um uns für die heutige Tour auszurüsten. Der aufmerksame Leser wird vielleicht bemerken, dass heute der 17.05. ist. Ein galizienkundiger Leser könnte darüber hinaus wissen, dass heute ein lokaler Feiertag ist. Heute soll man sich Zeit nehmen und besinnlich die galizische Literatur würdigen. Die Supermärkte bleiben daher geschlossen.

Zum Glück finden wir eine weniger literaturinteressierte Tankstelle, dort kaufen wir Wasser und andere Grundnahrungsmittel für den Weg.

Abgesehen vom Hotel Millan ist das Städtchen aber ganz schick. Wir verlassen es durch ein altes Stadttor:

Kurz darauf erblicken wir ein interessantes Kunstwerk:

Ein Wanderer ist zu sehen, über ihm die Weltkugel. Er hat wurzelartige Gewächse an den Beinen, die ihn in die Natur zu ziehen scheinen und wohl dazu bringen, sein Haus sowie seine Familie zu verlassen. Sein Junge versucht ihn festzuhalten. Hinter dem Fenster sitzt seine Frau mit einem weiteren Kind. „Das Los des Wanderers“ wäre ein guter Titel.

Was soll ich sagen? Uns erwartet wieder viel Landschaft:

Ich wurde bereits mehrfach gefragt, ob mich das Wandern nach mittlerweile 6 Wochen nicht langweilt. Die Antwort ist: Nein, ich könnte ewig weitermachen. Hoffentlich liest mein Chef das nicht. An dieser Stelle liebe Grüße an „Cheesi“ und nochmals vielen Dank dafür, dass Du mir dieses Erlebnis ermöglicht hast!!

Tag 46: von Lamelas nach Castro (22,2 km = 887,3 km)

Wir nähern uns der Küste und auch dem Ende unserer Reise. Die Zeit ist unheimlich schnell vergangen und kommt uns andererseits ewig vor. Klingt komisch, ist aber so. Ein paar Tage haben wir jedoch noch:

An dieser Stelle muss eine Entscheidung her: Entweder links nach Finisterre oder rechts nach Muxia. Wir sind vorbereitet und haben die Wahl bereits getroffen: Natürlich beides, erst nach Muxia und von dort nach Finisterre.