Tag 12 brach an. Wir erwachten im Hotelzimmer und spürten den vergangenen Tag noch in den Knochen und im Hirn. Ich habe dir ein Foto vom letzten Tag vorenthalten, weil unsere Muttis ja auch den Blog verfolgen und sich keine Sorgen machen sollten. (Also wenn ihr das lest, sind wir schon runter vom Berg und uns geht’s gut!) Aber gestern gab es Teilstücke der Wanderung, die uns an die Grenzen des Machbaren brachten, insbesondere wenn du bedenkst, dass wir ca. 18 kg auf dem Rücken trugen.

Wenn ich dazu noch erwähnen darf, dass es auf der linken Seite etwa 25 Meter bergab ging, verstehst du vielleicht unsere Beklemmungen, die Wanderung in dieser Weise fortzusetzen?! Der Japaner würde vielleicht erklären, dass er dem Arbeitgeber noch lange erhalten bleiben möchte… Ralf und ich waren uns nach dem Frühstück schnell einig darüber, eine Alternative zu suchen. Ein neuer Plan musste her und der hieß Pazifischer Ozean. Also wanderten wir heute weg von den Bergen mit Blickrichtung zum Meer. Ein bisschen Wehmut lag natürlich in der Luft aber es war definitiv die vernünftigere Entscheidung.

Nach einigen Stunden auf der heutigen Strecke waren wir schon wieder gut gelaunt. Außerdem hatten wir jetzt nur noch 400 km bis zum Flughafen in Tokio vor uns und nicht mehr 1.200. Das bedeutete natürlich viel mehr Zeit für Besichtigungen, Restaurantbesuche und was weiß ich. Toll.

Den sog. Pferdefuß unseres Plans bemerkten wir allerdings relativ schnell. Die südliche Küstenlinie der Hauptinsel Honshu, auf der wir uns befinden, ist nahezu komplett besiedelt. Das würde bedeuten bis nach Tokio auf Asphalt zu laufen. Was uns natürlich gar nicht schmeckte. Aber wir ließen den heutigen Tag erstmal auf uns wirken und morgen, morgen sein.

Yamato vs. Hitachi.
An dem Teich gab’s ne kleine Pause. Da war ne Menge los.
Ein Karpfen sagte Hallo.
Schildkröten schwammen umher.
Und eine hungrige Fledermaus machte den Tag zur Nacht.

Zwischendurch mal ein paar japanische Besonderheiten, sozusagen Volkskunde aus erster Hand. Die Bombensensation kommt gleich zuerst: In Japan gibt es beheizte Toilettensitze. Das ist der absolute Knaller. So nen Ding brauche ich Zuhause auch. Die ebenfalls integrierten Spritz oder Putzfunktionen eher nicht. Wo Licht ist, ist auch Schatten: Das örtliche Toilettenpapier ist gefühlt 1/2-lagig. Also die Hälfte vom einlagigen Papier. Außerdem fühlt es sich an wie Stullenbrotpapier.

Das scheint eine Deluxe Version zu sein und kostet umgerechnet 780,- €.

Jetzt zum Thema Müll. Wenn du mein Vietnam Video gesehen hast, weißt du ja das kann einem den Urlaub richtig vermiesen. In Japan sieht die Sache zum Glück völlig anders aus. Ob in den Ballungsgebieten oder auf dem Land, Müll bekommt der Besucher selten zu Gesicht. Leider ebensowenig die, in diesem Kontext oft genannten, Mülleimer. Es ist wirklich etwas knifflig seinen Unrat fachgerecht zu entsorgen, umso mehr weiß ich die Sauberkeit in Japan zu schätzen. Dosen oder Plastikflaschen wird man hier und dort neben Getränkeautomaten los. Den anderen Kram konnten wir oft nur in Supermärkten entsorgen. Allerdings wurde dort nur nach Flaschen, Dosen und „brennbar“ unterschieden. Mhh. Die örtliche Müllentsorgung findet auf der Straße statt und ist mir bisher ein Rätsel geblieben.

Solche oder ähnliche Abholstellen haben wir schon öfter gesehen. Die scheinen aber nicht für die Allgemeinheit zu sein, trotzdem habe ich auch schon mal eine Mülltüte dazu gestellt.

Jetzt zu meinem Lieblingsthema in Japan: Der achtsame Umgang miteinander. Die bereits mehrfach erwähnten Verbeugungen sind sicherlich die markantesten Zeichen des Respekts voreinander aber das geht viel tiefer und ist geradezu eine Lebenseinstellung, wie ich finde. Ob im Supermarkt oder im Straßenverkehr, Höflichkeit gehört hier einfach dazu. Das Beste daran, es ist ansteckend und macht Spaß. Mich gruselt es jetzt schon davor, zurück im Berliner Straßenverkehr zu sein.

Übrigens, wenn du planst mal nach Japan zu reisen, mache dir bitte nicht zu viele Gedanken über die passende Verbeugung, das ist eine Wissenschaft für sich. Mach einfach etwas mehr als ein Kopfnicken, dann passt das schon. Wenn dazu noch ein „konnichi wa“ (Hallo) über deine Lippen kommt, ist dir ein Lächeln garantiert. Einzige Ausnahmen waren bisher: Du triffst eine Frau ohne Begleitung oder der jeweilige Mensch schaut dich nicht an. Dann verbietet es die Etikette (meine Interpretation) mit dir zu kommunizieren und im anderen Fall, hat er oder sie einfach keine Lust darauf, auch ok (ist uns aber selten passiert).

Meine letzte Beobachtung betrifft die Automobile. Eine Vielzahl von Menschen entscheidet sich hier für, ich nenne sie liebevoll, Schuhkartons. Ob Honda, Suzuki oder Daihatsu, sie sehen sehr identisch und ungewöhnlich für mein Auge aus. Aber entscheide selbst.

Und dann ist uns aufgefallen, dass der Japaner gerne (bei laufendem Motor) im Auto sitzt. Dort ist er entweder am Handy beschäftigt, raucht, isst oder hält ein Nickerchen ab.

Tag 13: Der Weg führte uns heute ans Meer. Wir konnten einen kleinen Strand finden und machten die erste Pause.

Nach der kurzen Rast konnten wir am Damm entlang dem Meer noch etwas folgen. Dann ging es leider fast ausschließlich neben oder auf Straßen weiter. Wie bereits erwähnt, war das keine Option für den Rest unserer Reise.

Ein Tanuki, also eigentlich sind es sieben. Er ist ein japanisches Fabelwesen, welches an den Marderhund erinnert.

Unser heutiges Ziel war ein kleiner Park am Hafen von Yokkaichi. Dort wollten wir die Zelte aufschlagen und die nächsten Tage planen. Der Kilometerzähler zeigte heute Abend 188 an. Das wurde mittlerweile zur Nebensache, da wir uns bereits einig waren, nicht mehr direkt nach Tokio zu laufen.

Das war’s erstmal für heute. Ich werde berichten, wie die Reise weitergeht.