Tag 49: von Queiroso/Nemiña nach Finisterre (28,6 km = 962,1 km)

Carmen macht uns richtig tolles Frühstück. Wir müssen sie sogar bremsen, weil sie nicht aufhört, Essen an den Tisch zu bringen. Mit vollen Bäuchen machen wir uns auf die letzte Etappe unserer Reise von St. Sebastian zum „Ende der Welt“. Ein kleines bisschen Wehmut macht sich in mir breit, aber der Urlaub ist ja noch nicht vorbei.

Doch unsere Rückreisepläne konkretisieren sich langsam. Ich habe gestern den Flug nach Berlin gebucht. Es geht Donnerstag von Porto (in Portugal) zurück nach Berlin. Das bedeutet, wir haben noch eine Woche zum „Verplempern“. Aber eins nach dem anderen, wir laufen erst mal nach Finisterre.

Wir laufen durch kleine Dörfer und wieder gibt es frei laufende Hunde. Wer es bis jetzt noch nicht bemerkt haben sollte: Spanien ist kein Ort für Hundephobiker.

Gegen 16 Uhr kommen wir in Finisterre an. Die Stadt kann leider nicht viel. Bevor wir uns davon runterziehen lassen, laufen wir weiter zum eigentlichen Ziel. Wir beziehen also unser Zimmer und wandern weiter zum Leuchtturm.

Ich hatte ja schon erwähnt, dass das Kap Finisterre als „Ende der Welt“ bezeichnet wird. Für uns ist es auch das Ende unserer Wanderung in Spanien.

Schon in der vorchristlichen Zeit des Jakobsweges galt dieser als Initiationsweg und hatte Kap Finisterre als Ziel. Dort war die größte Nähe zu den Inseln der Seligen möglich, die die keltische Sage jenseits des Horizonts im Atlantik platziert.

Es ist ein außergewöhnlicher Tag. Ich kann Dir nicht beschreiben, wie wir uns fühlen, vielleicht, weil wir es selbst nicht wissen.

Vom Balkon des Hotelzimmers aus entdeckt Ralf eine interessante Wolkenformation. Die Wolken ziehen gerade Linien, die in Richtung Santiago zeigen. Sie sehen aus wie eine riesige Jakobsmuschel. Ich kann das Schauspiel mit meiner Kamera nicht einfangen, vielleicht auch gut so. Es ist eben ein ganz persönlicher Moment.

Tag 50: von Finisterre nach Santiago (0 km = 962,1 km)

Nach dem Frühstück gehen wir zum Busbahnhof und fahren nach Santiago. Von dort geht es morgen nach Porto. Die Fahrt ist ungewohnt rasant, in nur drei Stunden erreichen wir unser Ziel. Mir gefällt eine Reisegeschwindigkeit von 5 km/h viel besser.

Wir sind wieder in Santiago, es fühlt sich total gut an. Wir kennen uns ja schon ein bisschen aus und haben einen Plan. Wir setzen uns mit Isomatten und einer Flasche Wein auf die Stufen der Kathedrale und betrachten das Spektakel der ankommenden Pilger.

Nach kurzer Zeit bekommen wir Besuch von einem Bremer Altpunk. Er startete seine Reise vor 17 Jahren und hat eine Menge zu erzählen. Es ist eine Mischung aus Münchhausen und echter Biografie. Niemand kann die Trennlinie ziehen, vermutlich nicht einmal er selbst.

2021 ist übrigens ein heiliges Jakobusjahr. Immer wenn der 25.07. auf einen Sonntag fällt, wird eine besondere Tür der Kathedrale geöffnet. Dort darf dann der geneigte Pilger durchlaufen UND wird von all seinen Sünden befreit. Ich bin absichtlich langsam gelaufen, sicher ist sicher.

Santiago bei Nacht ist etwas ganz Besonderes. Die Straßen sind menschenleer, trotzdem spürt man die Präsenz der Wanderer aus der ganzen Welt. Von diesem Phänomen hatten uns bereits Antonio und Ana erzählt.

In dieser Nacht endet nun eine unvergessliche Reise. Keine Angst, ich werde diesen Moment mit keiner tiefschürfenden Erkenntnis ruinieren. Es hat mich sehr gefreut, dass Du mich virtuell begleitet hast. Auch wenn ich es einige Abende bereut habe, am Bericht schreiben zu „müssen“, freue ich mich über das Ergebnis.

An dieser Stelle bedanke ich mich bei Verena und Silke für die sehr akribischen Korrekturen meiner Texte; bei Ralf und Susanne für die arbeitsintensive Hilfe beim Erstellen des Blogs und noch mal bei Ralf, Du bist ein fantastischer Reisebegleiter, außerdem hast Du das Notebook den ganzen Weg mitgeschleppt.

Ich hatte ja schon berichtet, dass wir noch ein paar Tage haben, bevor es zurück nach Berlin geht. Die wollen wir in Portugal verbringen, ich werde in einer weiteren Episode darüber berichten.