Das Beste an der letzten Nacht war, dass sie vergangen ist. Es war regnerisch, sehr windig und dementsprechend kalt. Aber ich will mal nicht jammern, immerhin hatten wir einen kleinen Pavillon und konnten noch etwas draußen sitzen. Außerdem hatten wir einen potentiellen Anwärter für die heutige Übernachtung gefunden. Ein Gästehaus in Shigarakigushi, kennt man ja. Das ist etwa 25 km von „unserer“ Insel entfernt. Eine Dusche ist so langsam dringend nötig, mit den Katzenwäschen kommen wir bald nicht mehr weiter. Außerdem haben wir die Kapazitäten unserer Powerbanks ziemlich ausgereizt. Also los, in Richtung Gästehaus.
Diesmal nahmen wir den langweiligen Weg ohne Hindernisse zurück in die Stadt. Unser Frühstück fanden wir in einem örtlichen 7-Eleven. Es bestand aus nem Rösti (also Mini-Kartoffelpuffer) und einem warmen Kaffee aus der Dose. Ja ja, sowas kann der geneigte Endverbraucher hier aus nem beheitzten Regal in den Warenkorb legen. Nach dem üppigen Mahl ging es dann weiter.
Hin und wieder konnten wir in östlicher Richtung eine mächtige Bergkette erspähen. Fantastisch aber Moment mal, wir wandern doch gen Osten. Als uns bewusst wurde, was in naher Zukunft ansteht, entschieden wir erneut eine kleine Wegstrecke mit der Bahn zu reisen, um Ralfs Fuß noch etwas zu schonen. Gesagt, getan.
Nach der Fahrt im schönen Bummelzug ging es in ein kleines Wäldchen. Dann kam eine lustige Fluss Überquerung.
Leider war die Unterkunft nicht online zu reservieren, wir hofften daher vor Ort unserem Begehren Ausdruck verleihen zu können. Im ersten Anlauf klappte dies jedoch nicht. Aber so schnell gaben wir nicht auf. Gleich nebenan befand sich eine kleine Töpferwerkstatt. Der Handwerksmeister ließ sofort seine Arbeit liegen, als er uns erblickte. Nach erfolgreicher, zeremonieller Begrüßung bat ich ihn, die Inhaber der Unterkunft anzurufen. (Das hatte ich noch nicht erwähnt, wir haben zwar japanische SIM Karten in Osaka erstanden aber mit denen kann man nicht telefonieren. Sie taugen nur für den mobilen Datenverkehr.) Der Handwerksmeister verstand unser Dilemma und rief die Chefin der Unterkunft an. Ich habe noch nie ein so langes Telefonat verfolgt, ohne den Ausgang erahnen zu können. Dieser war aber von Erfolg gekrönt. Wir hatten also ein Zimmer, ne Dusche, Steckdosen und sogar Frühstück sollte es geben. Fantastisch. Einen kleinen Haken hatte die Sache jedoch, die Türöffnung konnte erst in drei Stunden erfolgen. Egal, das Warten hatte sich gelohnt. Wir wurden super freundlich von der Inhaberin und ihrer etwa 85 jährigen Mutter begrüßt. Es war ein schönes Holzhaus mit einer kleinen Feuerstelle im Wohnzimmer.
Dort saßen wir dann zusammen mit den beiden Gastgeberinnen. Später erfuhren wir auch, warum ihre Ankunft erst 3 Stunden später erfolgte. Omi wurde nach dem Telefonat aus Osaka abgeholt und mitgebracht. Da die Chefin bereits erfahren hatte, dass wir zwei männliche Reisende waren, verbot es sich vermutlich, alleine mit uns unter einem Dach zu schlafen. Der Abend war sehr interessant, wir konnten unser Japanisch etwas aufbessern und gelacht wurde auch. Was will man mehr? Geschlafen haben wir traditionell, auf weichen Matten auf dem Holzboden. Es war weitaus gemütlicher, als es vielleicht klingen mag.
Am nächsten Morgen erwartete uns ein japanisches Frühstück. Auf einem Tellerchen lagen einige Häppchen. Ich erkannte davon eigentlich nur (vermutlich fermentierte) Möhrchenscheiben und Sojabohnen, dazu gab es Reisbrei. Es war mit Liebe zubereitet, daher aßen wir brav auf aber unsere Lieblingsspeise wird es wohl nicht. Nach dem Essen sollte ich noch meine tätowierten Arme präsentieren. Sie wurden genauestens begutachtet. Interessant finde ich, dass die ganze Welt japanische Tattoos kennt, man aber in Japan keine sieht. Die Damen nutzten daher vermutlich die Chance, wobei ich keine japanischen Motive trage. Danach wurden wir vor die Tür begleitet und richtig lieb verabschiedet. Wir standen uns gegenüber und verbeugten uns ausgiebig. Zum Schluss wurden uns sogar die Hände geschüttelt. Wer sich mit japanischen Gepflogenheiten auskennt weiß, das ist schon was Besonderes. Wir winkten uns noch lange zu und Omi lief uns noch ein Stückchen hinterher. Das nenne ich mal einen herzlichen Abschied!
Heute beginnt Tag 10 in Japan. Laut GPS sind wir bisher 89,9 km gelaufen. Nun gut, wenn man den Anreisetag, Sightseeing in Osaka und Kyoto sowie Ralfs schmerzgeplagten Fuß berücksichtigt, geht das schon in Ordnung. Ralf war heute übrigens wieder fit, also hatte sich die Schonung der letzten Tage ausgezahlt.
Das erste Tagesziel war heute auf den Tokai Nature Trail zurückzukehren. Wir waren einige Kilometer entfernt davon aufgrund der Wahl unserer Unterkunft. (Übrigens hatten wir gestern Abend erfahren, dass die Region hier Tokai heißt. Das Wort bedeutet also nicht „Stadt“, wie mir eine Übersetzungs-App weismachen wollte.) Unser Weg führte uns zunächst wieder über das Flüsschen und dann direkt durch den Wald. Die vom GPS empfohlene Strecke stellte sich als sehr herausfordernd dar. Es gab Abschnitte mit krassen Anstiegen aber Bilder sagen mehr als Worte:
Wir kämpften uns aber tapfer durch. Auf dem eigentlichen Wanderweg angekommen, stellten wir schnell fest, dass ein Witzbold an der Planung des Trails beteiligt gewesen sein musste. Wirklich jeder Berg auf dem Weg wurde mitgenommen und das auch direkt nach oben. Nix mit geschlungen Pfaden, wie man es in Europa kennt. An sehr steilen Passagen gab es teilweise verwitterte Holzstufen. Eine sehr steile Etappe fand das GPS so toll, dass es uns im Kreis gleich ein zweites Mal drüber navigierte. Das alles konnte uns aber nicht davon abhalten die Landschaft bei schönstem Wanderwetter zu genießen.
Als heutiges Ziel steuerten wir einen Park an. Dort schien es möglich zu sein Zelte aufzuschlagen. Unsere „Ortskenntnisse“ beruhen übrigens auf Fotos aus Google Rezensionen. Das ist natürlich ein Glücksspiel aber heute ging der Plan auf. Nach 26,7 km erreichten wir unseren Schlafplatz. Wir haben somit 116,6 km auf der Uhr und freuen uns, bei einem Bierchen über den erfolgreichen Tag.
Tag 11: Ich habe mich übrigens entschieden die Zählung ab dem Tag unserer Ankunft in Japan starten zu lassen. Für eventuelle Verwirrungen durch die Zählweise der letzten Blogeinträge entschuldige ich mich in aller Form und verbeuge mich vor dir, dem hochgeschätzten Leser. Dōmo Arigatō!
Also Tag 11: Letzte Nacht war wieder sehr „schattig“. Es waren 8 Grad angesagt aber der Wind blies recht heftig und das schraubte die gefühlte Temperatur um einiges herunter. Im gemütlichen Schlafsack wurde aber auch diese Nacht gut überstanden.
Der Morgen startete mit einem kleinen Frühstück im nahegelegenen Café.
Dann ging es los:
Es fällt schwer die Dimensionen der heutigen Wanderung in Worte zu fassen. Aber es war krass. Für den TNT (Tokai Nature Trail) solltest du unbedingt gutes Schuhwerk und die nötige Trittsicherheit mitbringen!!!
Wie schon erwähnt, gibt es nahezu keine Berichte im Netz zu dieser Wanderung, das könnte natürlich an den Wegstrecken wie oben im Bild liegen. Leider gab es nur wenige „Belohnungen“ für uns. Das sind für Bergwanderer die Ausblicke vom Gipfel. Wir sind trotz aller Anstrengungen eben noch unterhalb der Baumwuchsgrenze.
Ralf hatte ein Hotel in Kameyama gefunden, somit ging es nach dem Wald zurück in die Zivilisation.
Das Städtchen hatte eine schicke Gasse und natürlich durfte eine Tempelanlage nicht fehlen.
Nach einer kleinen Erfrischung aus dem Bier Automaten, war nun ein Waschcenter angesagt.
Die Sonne war bereits untergegangen (gegen 18:30 Uhr), als wir unser Hotel erreichten. Natürlich war für mich noch lange kein Feierabend, so ein Wanderblog schreibt sich ja nicht von alleine.
Das soll es für die letzten drei Tage gewesen sein. Zum Schluss noch ein paar Zahlen: Bisher haben wir 2554 Höhenmeter und 141,7 km zurückgelegt.