Tag 30: Gestern fanden wir unser Nachtlager in einer Art Wabenhostel. Das bedeutet, die Schlafstätten waren sehr, sehr klein und lediglich ein Stofffetzen trennte die eigene Privatsphäre vom Treiben der anderen Mitbewohner. Ich hatte ein bisschen das Gefühl in einer Kajüte auf nem Segelschiff zu pennen. Allerdings war es gemütlicher als man sich eventuell denken mag.

Hier ein Teil der Küche.

Am Abend trafen wir andere Reisende in der Gemeinschaftsküche. Ich führte ein kurzes Gespräch mit einer Reisenden aus Hongkong. Irgendwann kamen wir auf das Thema Mülltrennung in Japan. Wir beide fanden es etwas irritierend. Über meine Beklemmungen der Trennung zwischen „Dosen“ und „Brennbar“, hatte ich bereits berichtet. Allerdings waren ihre Beweggründe besorgniserregend. Sie fand die Idee der Separierung nämlich generell befremdlich. In China, so sagte sie, wird überhaupt nicht getrennt…

Nun aber „Oyasumi“ (Gute Nacht) in der Kajüte des Wabenhostels.

Tag 31: Schon seit einiger Zeit fiel mir das Buchen von Hotels und Zeltplätzen schwerer als üblich. Die gewohnten Portale standen nicht mehr zur Verfügung. Wenn ich eine Unterkunft per Google lokalisierte, wurden oft nur schlangenartige Symbole, mir unbekannter Plattformen zum Reservieren angezeigt. Selbst wenn die jeweiligen Seiten übersetzt werden konnten, kam es zu Problemen bei der Angabe meiner Telefonnummer oder der Adresse. So auch am gestrigen Abend. Nach etwa zwei Stunden verlor ich die Nerven. Ralf und ich einigten uns darauf das Zimmer vor Ort zu buchen. Diese Methode enthielt natürlich das Risiko von gekreuzten Fingern der Fachangestellten der jeweiligen Rezeptionen aber was soll’s? Leben am Limit. Wenn ich etwas vorgreifen darf, heute ging der Plan auf.

Unser Ziel war Shimoda, eine kleine Stadt am südlichen Zipfel der Halbinsel Izu. Von den suboptimalen Bedingungen für Wanderer auf der Halbinsel berichtete ich bereits, deshalb gab es heute wieder eine Busfahrt. Die Wanderunterbrechung störte uns relativ wenig, da Petrus nahezu den ganzen Tag die Schleusen öffnete.

Das Höllentor mit Licht am Ende…
Ein „Shiroi Gan“ (weißer Krebs), wie der Japaner sagt.
Wenn schon nicht der Tokai Nature Trail, dann wenigstens der passende Bus.
Es ging über abenteuerliche Betonkonstruktionen.
Vorbei an nebeligen Gebirgsketten.

Angekommen in Shimoda gab es zunächst eine unheimliche Begegnung:

Ein Seeungeheuer, welches sich glücklicherweise hinter einer Glasscheibe befand.
Diese handgemalte Werbung lud ein, mal nen Salat zu essen oder vielleicht Obst?

Danach erfuhren wir etwas über die japanisch-amerikanische-Geschichte. Denn Commodore Matthew Perry ging hier in Shimoda im Jahre 1854 mit einer Flotte schwer bewaffneter Raddampfer vor Anker und forderte die Öffnung des Hafens für Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Dieser „freundlichen Einladung“ kamen die örtlichen Autoritäten nach, so fand die etwa 200 jährige Isolationspolitik Japans ein Ende.

Ein Miniatur-Modell eines der Dampfschiffe die Japan zur Kontaktaufnahme „überredeten“.
Wir befanden uns übrigens genau am Ende des Pfeils. Also zwischen vier Kontinentalplatten.

Das freundliche Wesen der Japaner erwähnte ich bereits, aber als wir im Regen unter dem Dach eines Supermarktes Zeit vertrödelten bevor wir ins Hotel einchecken konnten, wurden unsere Herzen mehrfach erwärmt. Wir wurden zweimal von völlig fremden Menschen gefragt, wohin wir wollten und ob wir eventuell eine Fahrt in ihrem Auto benötigen würden. Wir lehnten dankend ab, da unsere heutige Unterkunft nur 2 Kilometer entfernt war. Das sollten wir trotz des Regens schaffen. Sowas wäre in Berlin definitiv nicht passiert.

Ein trauriges Beispiel für die Zerstörungswut von Bambuswürmern.
Welches Honda-Modell ist das denn? Na klar: „N’Wagen“.

15 Uhr, wir standen pünktlich in der Rezeption und konnten endlich unser Zimmer beziehen. Viel stand heute nicht mehr auf dem Plan. Ich tippte etwas an meinem Reisebericht herum und Ralf plante eine kurze Wanderung für den morgigen Tag. Wir kamen außerdem überein, noch etwa zwei Wochen um Tokio herumzuschleichen und dort dann den Rest der Reise zu verbringen.

Jetzt aber erstmal Tag 32: Nach nem kleinen Frühstück neben einem betonierten Bachlauf startete die heutige Wanderung. Das Wetter war herrlich und wir erkundeten zunächst Shimoda etwas genauer. Dieses Städtchen ist definitiv eine Reise wert.

Das Foto ist leider nicht gelungen, die Frühstückspause dafür sehr.
Ich fühlte mich beobachtet, die indische Fleckschnabelente vielleicht aber auch.
Eine beflaggte Gasse mit Taxi.

Hier gab es zahlreiche Touristen und wir machten uns einen Spaß daraus alle mit einem freundlichen Kon’nichiwa zu grüßen. Wir blickten daraufhin in viele lachende Gesichter und wurden ebenfalls mit einem Kon’nichiwa bedacht. Etwas merkwürdig fanden wir den fast schon kultisch anmutenden Umgang mit der Geschichte zu Commodore Perry und seiner „Dampfschiff-Politik“. Möglicherweise ist diese Fußnote der Geschichte in Shimoda auch zu einer willkommenen Einnahmequelle durch touristisches Interesse geworden? Wer weiß?

Eine Büste des besagten Commodore im Hafen von Shimoda.
Ein Nachbau des sog. Black Ship von Mr. Perry.

Unsere Reise führte uns zum Ozean. Wir wanderten entlang an schönen Buchten und holten alles raus aus dem Sonnentag.

Kanpai.
Ein Blaumerlen-Männchen.
Und hier das wesentlich sportlichere Weibchen.
Ein Schmetterling während einer Trinkpause.
Eine Bucht.
Hier auch aber mit Milan.

Kurz bevor es zu unserer heutigen Unterkunft ging, kehrten wir in einem Minirestaurant ein. Bei einer kühlen Flasche Bier gönnten wir unseren Gaumen ein paar Happen japanischer Küche. Ich weiß nicht genau was ich gegessen habe aber es war wirklich lecker. Wir kamen noch ins Plaudern mit dem Koch. Er löcherte uns mit Fragen zu unserer Wanderung sowie den Rucksäcken und fand es Klasse, dass wir so viel Zeit in seinem Heimatland verbringen können. Ich befragte ihn zum Perry-Kult hier in Shimoda. Er grinste ein wenig und sagte etwas wie: „Nun ja, es ist wie es ist“.

Haruto war wesentlich freundlicher als es auf dem Foto aussehen mag.

Wenn ich den heutigen Tag in einem Bild zusammenfassen müsste, dann wäre es wohl dieses hier: