Tag 47: von Castro nach Muxia (24,4 km = 911,7 km)
Gestern Abend saßen wir noch einige Zeit auf der Terrasse unserer Unterkunft, um die Abendsonne zu genießen. Wir hatten Wein im Gepäck und wollten ihn aus unseren Outdoor-Tassen trinken. Das ließ die Herbergsmutter nicht zu. Sie brachte uns zwei Gläser und sagte „Salud“. Kurz darauf stellte ihr Mann lächelnd eine große Schale Chips auf unseren Tisch. Sie ist natürlich nicht auf der Abrechnung erschienen. Es war ein sogenannter Tapa. Der Plural ist gebräuchlicher: Tapas.
Diese Tapas sind kleine Snacks in den unterschiedlichsten Ausführungen. Es können Brotscheiben mit Schinken oder Wurst, ein Stück Omelette, ein Bohnensüppchen oder eben Chips sein. Bis auf ein oder zwei Ausnahmen wurden uns auf der gesamten Reise diese Tapas gereicht, wenn wir ein Getränk bestellten. Dieser überaus angenehme Brauch entwickelte sich übrigens im 19. Jahrhundert in Spanien. Nur wenige Gäste konnten lesen und noch weniger Gastwirte schreiben. Um einen Überblick über die Speisen zu verschaffen, wurden kleine Kostproben auf einem Kochtopfdeckel (Tapa) kostenfrei dargeboten.
Wenn Du mich nach dem heutigen Highlight fragst, ist das meine Antwort:
Wir sind kurz vor Muxia. Die Stadt ist eines der Ziele auf dem (dreieckigen) Rundweg Santiago – Muxia – Kap Finisterre. Wir haben schon ein paar Erwartungen und sind gespannt.
Leider hält der erste Eindruck nicht an. Die Stadt wurde offensichtlich in den 60er-Jahren kaputt saniert. Wir sehen keine schönen oder zumindest interessanten Gebäude. Das Licht am Horizont ist jedoch unsere Unterkunft in der Pension Rustica Alemana. Bei der Buchung dachte ich, eine „rustikale deutsche Pension“ könne ja nicht so verkehrt sein. Am Ort angekommen sind wir erfreut, es ist ein schönes Haus mit Mauern aus grob behauenen Granitsteinen. Ich ärgere mich jetzt gerade, dass ich kein Foto gemacht habe. Die Inhaberin heißt Ana und begrüßt uns überaus freundlich. Wir beziehen das Zimmer und trinken dann ein Bier im hauseigenen Restaurant. Dort schaue ich mir den Namen der Pension genauer an. Dort steht AlemAna und nicht Alemana. Ana ist ein kleines Schlitzohr und lockt mit dem Wortspiel wohl öfter deutsche Gäste an. Das geht zumindest aus den Rezensionen hervor. Diese waren übrigens durchweg positiv und ich schließe mich an. Sie spricht zwar kein Deutsch, dafür sehr gut Englisch.
Nach dem leckeren Abendessen bei Ana lernen wir einen sehr sympathischen Niederländer kennen. Er ist Teil einer Filmcrew, die zwei Monate durch Spanien reist, um das Land cineastisch zu erkunden. Wir tauschen unsere bisherigen Erlebnisse aus. Eine tolle Begegnung, leider habe ich seinen Namen vergessen. „Liebe Grüße, falls Du das hier lesen solltest.“
Tag 48: von Muxia nach Queiroso/Nemiña (21,8 km = 933,5 km)
Wenn man dem Camino von Muxia nach Finisterre folgt, streift man Touriñán nur peripher. Das ist schade, denn dort befindet sich die tatsächlich westlichste Landzunge Spaniens. Grund genug für uns, dort einen Zwischenstopp einzulegen. Wir sollten es nicht bereuen.
Ana empfiehlt uns bei der Abreise eine Unterkunft. Ich buche daraufhin während unserer ersten Pause ein Zimmer in der Casa das Fiandeiras. Wir haben einen wunderbaren Wandertag. Der erste und sehr schweißtreibende Anstieg des Tages bleibt eigentlich auch der Einzige. Es geht durch kleine Dörfer, vorbei an Feldern und durch kleine Wäldchen.
Wir kommen gegen 16 Uhr in Queiroso/Nemiña an. Ich weiß leider nicht genau, wie der Ort heißt, Google macht dazu widersprüchliche Angaben. Jedenfalls erreichen wir die Pension. Der Haushund begrüßt uns sehr freundlich. Er ist eine Sie und schmeißt sich bei unserer Ankunft auf den Rücken und fordert Streicheleinheiten. Ralf kümmert sich darum, ich begebe mich in die Pension. Carmen heißt unsere heutige Herbergsmutter. Wir fühlen uns sofort wohl, sie bietet uns ein Bier an. Außerdem spricht Carmen deutsch. Sie erzählt uns, dass ihr Mann Schweizer ist und sie außerdem ein Jahr in Deutschland gelebt hat.
Nachdem wir ihr erklären, dass wir zum Leuchtturm wollen, bietet sie uns eine Autofahrt an. Zum Leuchtturm sind es etwa 6 km. Hin und zurück wären es somit 12 km. Da überlegen wir nicht lange und nehmen dankend an. Carmen fährt uns soweit westlich, wie es überhaupt geht in Spanien. Sie will eigentlich warten und uns auch zurückfahren, das wiederum geht gegen unsere Wanderehre. Zurück geht es natürlich zu Fuß! Vorher aber erst ein paar Impressionen:
Mit dieser Bombensensation verabschiede ich mich für heute.